Dienstag, Februar 15, 2005

Der Kunde ist König - Ich liebe die Schweiz

Sehr geehrter Herr ...

Am 7.2. waren Sie im EC 160 direkt betroffen durch die grosse Betriebsstörung in Zürich und mussten unfreiwillig eine lange Wartezeit in Kauf nehmen. Ich entschuldige mich bei Ihnen im Namen der SBB für diese extreme Unannehmlichkeit - ich verstehe Ihren Ärger. Vielen Dank darum für Ihre schriftliche, an den Kundendienst Zürich gesandte Rückmeldung. Sie haben sicher aus den Medien schon erfahren, was am Montag, 7.2. in Zürich passiert ist und wie die SBB darauf reagiert. Mehrere Zehntausend Kundinnen und Kunden erlitten massive Verspätungen. Ein Mitarbeiter im Zentralstellwerk Zürich hatte eine Elektronik-Baugruppe ausgewechselt, weil er irrtümlicherweise meinte, diese sei defekt. Daraufhin kam es zu einer
Kettenreaktion von Fehlermeldungen. Diese Datenflut führte zum Ausfall des Rechners. Leider fielen auch die vorgesehenen Ersatzsysteme aus; wieso die Rückfallebene ebenfalls nicht funktionierte, wissen wir noch nicht. Eine gründliche Analyse des Rechnerausfalls im Zentralstellwerk ist im Gange und die Umbauarbeiten werden vorläufig gestoppt. Leider war durch den Absturz auch die interne Telekommunikation betroffen, was die spärlichen Informationen an die Reisenden und das Zugpersonal erklärt aber natürlich nicht entschuldigt.
Für die betroffenen Kunden im Fernverkehr sind die Fahrausweise mit Geltungsdatum 7.2.2005 an einem frei wählbaren Tag im Monat Februar nochmals (ungeachtet der Lochung) über die gelöste Strecke zur Fahrt gültig. Das Zugpersonal wird Ihren Fahrausweis nochmals lochen. Falls Ihnen das nicht möglich ist, können Sie das Billett mir schicken, und ich gebe Ihnen dafür einen Rail Check, der für beliebige Leistungen des öffentlichen Verkehrs bis Ende 2008 eingelöst werden kann. Ich würde mich freuen, wenn diese Antwort Ihrer Vorstellung entspräche und wir Sie auch in Zukunft wieder zu unseren treuen Kunden zählen dürften!

Freundliche Grüsse
H.G.
Kundendienst Region Solothurn-Aargau

Schnee in Zürich

Es ist halb sechs Uhr morgens. Normalerweise schlafe ich um diese Zeit noch tief und fest. Ich bin ein Abend- und Nachtmensch. Das ist übrigens auch der Grund, weshalb ich wach bin. Ich bin nicht SCHON, sondern NOCH wach. Sitzwache. Ich befinde mich noch immer in der Schweiz. Meine Patientin schläft auch nicht, aber sie verhält sich ruhig. Bräuchte eigentlich keine Sitzwache, aber die Angehörigen wünschen das so. Das gibt’s nur in der Schweiz. Welcher Staat sonst könnte sich das leisten. Österreich sicher nicht. Sozialstaat hin oder her, aber irgendwo ist Schluss. Aber darüber möchte ich eigentlich gar nicht berichten. Viel mehr beunruhigt mich das Bild, welches sich mir bietet, wenn ich aus dem Fenster dieses Krankenzimmers blicke. Schnee. Es schneit schon seit Stunden. Bald liegt soviel Schnee wie in Österreich. Aber das kann doch gar nicht sein. In der Schweiz schneit es nie so intensiv wie in Österreich, das war bis jetzt immer so. Es kann also gar nicht sein, dass es so viel schneit. Vielleicht träume ich ja auch nur. Durch das offene Fenster strömt Schneeluft herein. Doch, es schneit wirklich. Aber es schneit eben schweizerisch. Es fällt zu Kristallen gefrorenes Wasser vom Himmel. Der Jahreszeit entsprechend. In Wien fällt der Schnee nicht. In Wien rieselt er. Dieser Schnee hier ist nicht echt. Echten Schnee gibt es nur in Österreich. Echter, romantischer Schnee. Am Donnerstag geht’s wieder nach Wien...

Sonntag, Februar 13, 2005

SBB’s Beitrag zum PISA Desaster oder wie man Steuergelder am effektivsten vernichtet

„Endstation für Zeitungen“ erklären blaue Kleber, welche in jeder S-Bahn an den neuen Papiersammelstellen kleben. Der Schweizer Sauberkeitsfimmel hat wieder einmal zugeschlagen. Die Endstationen sind meistens leer, ebenso leer, wie die Gepäckablagen und die Sitze. Wo sind die Zeitungen geblieben. Es gibt doch nichts schöneres als sich eine Bahnfahrt mit dem Lesen einer aktuellen Lektüre zu verkürzen. Als Student fehlt oft das nötige Kleingeld um eine Zeitung zu kaufen. Dankbar übernahm man früher von anderen Reisenden gelesene Zeitungen. Seit einigen Wochen aber sind keine Zeitungen mehr zu finden, dafür umso mehr Putzpersonal, welches eilends durch die Züge rennt um den Fahrgästen die Zeitungen abzunehmen um sie alsdann in einem grossen Plastiksack die letzte Reise antreten zu lassen. Es scheint als hätten die SBB zu viel Geld, dass sie soviel Personal für diese sinnlose Aufgabe anstellen können. Die SBB hat wirklich zuviel Kohle. Steuergelder. Sauer entrichtete Steuergelder. Statt das Lesen der Kinder und Jugendlichen, ja der ganzen Bevölkerung zu fördern wird der Lesestoff abgesammelt und den Weg des Irdischen geschickt. Vielleicht haben ja nicht nur unsere Schülerinnen und Schüler Mühe mit der Deutschen Sprache, es scheint fast als teilten sie ihr Schicksal mit dem obersten Bähnler der Schweiz, wie sonst hätte es zu der fatalen Verwechslung zwischen Endstation und Umsteigebahnhof kommen können?

Donnerstag, Februar 10, 2005

Es lebe die Monarchie

Als Kontrast zum Hofer und vor allem weil geografisch gut gelegen und somit Zeit sparend haben wir uns vor nicht so langer Zeit aufgemacht um beim „Greissler von Neustift“ einige Kleinigkeiten einzukaufen. Für alle denen der Begriff „Greissler“ jetzt gerade nicht so geläufig ist sei er mit „Tante Emma Laden“ umschrieben, auch wenn das die Sache nur annähernd beschreibt, denn ein Greissler ist und bleibt nun einfach einmal ein Greissler. Das Angebot ist sehr limitiert, Selbstbedienung tabu. Dafür wird man um 150 Jahr in der Geschichte zurückversetzt in die Zeit als Österreich in Europa noch etwas zu sagen hatte. Auf unser Betreten des Geschäftslokals hat sich ein umtriebiger Verkäufer aus der K&K Zeit gleich an uns gewandt, besser gesagt an meine Frau „gnäd’ge Frau sie wünschen“. Eine Dame, die selber gerade ihren Einkauf tätigte und an uns vorbei wollte bat mit „gnä’dge Frau erlauben“ um Durchlass. Auch die Preise sind kaiserlich, bedenkt man aber, dass wir dafür eine Zeitreise machen und ein Theater besuchen durften sind etwaige finanzielle Bedenken schnell wieder verflogen.
Österreichische Heimatfilme übertreiben nicht. Es war wirklich mal so. In Neustift sogar heute noch.

Mittwoch, Februar 09, 2005

ÖBB EC 160

Nachdem ich nun seit mehr als zehn Jahren zwischen den beiden Ländern reise sollte ich es eigentlich langsam wissen. Obwohl wissen alleine da nicht mehr hilft. Da geht es viel mehr um verstehen, nein es geht um akzeptieren. Doch mit der Akzeptanz kommt die Resignation und vor der sträube ich mich - bislang erfolgreich. Vielleicht ist es Zufall, dass die Züge von Österreich in die Schweiz immer dann Verspätung haben, wenn ich in einem derselbigen drinnen sitze. Ich spreche nicht von fünf Minuten - auch wenn ich natürlich noch gut weiss, dass man in der Schweiz schon bei zwei Minuten von Verspätung spricht - dafür bin ich schon zu lange nicht mehr in der Schweiz wohnhaft, zu nahe am ehemaligen eisernen Vorhang dran. Es geht mir hier viel mehr um Stunden. Ja genau Stunden. Gut, am Montag waren es nur 50 Minuten, die der Zug zu spät in Zürich ankam - obwohl ich fast befürchten muss, dass das genau so geplant war. Seit dem 12. Dezember des vergangenen Jahres gibt es nämlich Kohle, wenn der Zug zu spät ankommt, nicht viel - 20% vom Ticketpreis, und das auch nur, wenn das Ticket teuer als 50€ war. Nun aber der Clou, diese Regelung gilt nur, wenn der Zug mindestens 60 Minuten Verspätung hat. Meiner hatte leider nur 50 Minuten. Riecht das nicht stark nach Schiebung? Ich werde mich noch heute beschweren! In Zukunft erwarte ich wieder mindestens eine Stunde Verspätung.